Tage im April

Text und Fotos: Stephan Käufer
Molly Malone Dublin

Molly Malone Dublin

Rauchschwaden erfüllen den Raum, Enge, Mauerreste, Schutt, ein verbogenes Fahrrad. Eine undefinierbare Geräuschkulisse, entferntes Summen. Es riecht nach Brand, Schutt, Zerstörung. Eine verdreckte Militärmütze inmitten der Trümmer. Im Dunkel verborgen, Schemen von sieben, acht Treppenstufen. Aufwärts gehts, Sitzreihen - ein Bus. Mit den üblichen Druckluftgeräuschen schließen Türen. Einen Sitzplatz gefunden, das Vehikel ruckelt an. Zwei Schauspieler übernehmen. In olivfarbener Militäruniform –britisch geschnitten- der eine - männlich. Die junge Frau in Rock, Bluse, knöchelhohe geschnürte Schuhe, ein braunes, ledernes Koppel mit Bandelier um die Hüfte. Das Haar streng nach hinten gekämmt ein geflochtener Haarknoten als Abschluss.

Zwei Schauspieler übernehmen

Zwei Schauspieler übernehmen

Die Fahrt des doppelstöckigen Busses wird flüssiger. Jetzt hat er sich in den Dubliner Verkehrsfluss eingefädelt, ein Taxi hupt, Menschen hasten auf den Bürgersteigen vorbei. Gestikulierend, mit schriller oder flüsternder Stimme, im Monolog und im Dialog entwickeln die beiden Schauspieler die Viten ihrer Figuren. Dazwischen die Fahrgäste. In den folgenden neunzig Minuten, werden diesen aus unterschiedlichen Perspektiven die Ereignisse rund um die Ostertage 1916 nahe gebracht. Jene für Dublin und Irland so schicksalhaften Tage im April.

“Beyond the barricades” Tour – “Jenseits der Barrikaden” nennt sich diese touristische Bustour zu den wichtigen Schauplätzen des Dubliner Osteraufstandes. Im unteren Teil des doppelstöckigen Busses, stimmen die eingangs erwähnten Kulissen auf das Geschehen ein. Zwei Schauspieler übernehmen als Zeitzeugen die Führung. In der O'Connell Street, vor dem Gebäude der Dubliner City Sightseeing Busgesellschaft, beginnt die Tour. Vor dem Nachbargebäude, der GPO, dem General Post Office - der Hauptpost, verlas 1916 am Ostermontag William Pearse die Unabhängigkeitserklärung der Republik Irland.

Beyond the barricades Tour

Beyond the barricades Tour

„Immer wenn die Briten irgendwo in der Welt beschäftigt waren, wähnten die Iren die Zeit für gekommen, den Aufstand zu wagen“, erklärt Angus Laverty. Angus lebt in der Nähe von Dublin und beschäftigt sich mit den historischen Ereignissen. Seit mehr als vierhundert Jahren ist die grüne Insel im April 1916 durch die Vettern der Nachbarinsel besetzt. Viele Versuche die Fremdherrschaft abzuschütteln sind fehlgeschlagen. Auf dem Kontinent tobt die Schlacht um Verdun Ihren schrecklichen Höhepunkten entgegen. Und in Dublin startet ein erneuter Versuch die britische Herrschaft abzuschütteln. Dilettantisch vorbereitet, vom Volk nicht getragen, ist der Spuk nach fünf Tagen vorbei. Blutig niedergeschlagen, werden die Anführer gefasst und nach kurzem Prozess hingerichtet. Doch die Besatzer können nicht zwischen Beteiligten und Unbeteiligten unterscheiden. Repressalien gegen die Zivilbevölkerung vereinen die Iren. Der Terror schaukelt sich hoch, beidseitig. Im Jahr 1921 müssen die Briten ihre Flagge streichen. Die grüne Insel wird geteilt, in die Republik Irland und das weiterhin zu Großbritannien gehörende Nordirland.

GPO Dublin

GPO Dublin

Laverty erzählt weiter: „Die Hauptpost diente den Rebellen als Hauptquartier. Während des Aufstandes sowie im darauffolgenden Bürgerkrieg wurde sie fast vollständig zerstört.“ In den zwanziger Jahren erfolgte der Neuaufbau. „Heute ist die GPO wieder das zentrale Gebäude der nationalen Post. Es ist ein sehr „geschäftiges Gebäude“ mit tausenden Besuchern“, berichtet Laverty weiter. Sehenswert ist neben der Schalterhalle im Stil der ausgehenden zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts, vor allem das kleine Museum, dass dem Osteraufstand sowie der Geschichte der Irischen Post gewidmet ist. Sehenswert ist auch das Kilmanham Goal, das Staatsgefängniss. Heute ebenfalls Museum diente es den Briten als Gefängniss. Die Anführer des Osteraufstandes wurden in seinem Hof hingerichtet.

Im Stil der ausgehenden zwanziger Jahre

Im Stil der ausgehenden zwanziger Jahre

Wer heute die Grenze zu Nordirland überquert merkt höchstens am Straßenbelag und an den Verkehrsschildern dass er sich in Großbritannien befindet. Von den siebzigern bis in die neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts war das anders. Grenzzäune und Checkpoints, Wachttürme, Sturmgewehre und immer wieder aufflackernder Terror beherrschten Nordirland. Der Konflikt von 1921 schwelte weiter. Verträge zwischen den irischen Konfliktparteien, und allem voran Europa mit den Schengener Verträgen sorgten für Frieden. Grenzen sind überflüssig geworden. Handel, Wirtschaft, kulturelles, -der Austausch- florieren auf der „Grünen Insel“. Und dann? Einhundert Jahre nach dem Dubliner Aufstand der „Brexit“. Nicht nur der Dubliner Taxifahrer auf dem Weg zum Flughafen, viele Iren an der einzigen Binnengrenze zu Britannien fragen sich was kommen mag.


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GPO Dublin, Irland

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